Michael D. Eschner im AHA Interview

MDE, der Magier, der Crowleys Texte den deutschen Lesern brachte und als Inkarnation Aleister Crowleys Ansätze von Kultstatus entwickelte. Knastaufenthalte haben ihn nicht zermürben können - wie steht´s heute um MDE?

Das Kennzeichen des Neuen Aeons besteht darin, dass der Mensch sein göttliches Erbe vervollkommnet, d.h. das ewige Leben: Unsterblichkeit realisiert.

I. Reinkarnation Crowleys. Neues Zeitalter und Thelema

AHA: „MDE - Magier des Neuen Aeons„ - ist das eine Formel, die Du für Dich heute als zutreffend empfindest?

MDE: Ja - im Prinzip. Natürlich eingeschränkt durch den erst frühen Grad der Realisierung des Neuen Aeons. Da im Neuen Aeon alle Menschen Magier sind/werden, kann der Titel „Magier" auch wegfallen und durch „Mensch" ersetzt werden.

AHA: Bedeutet das, dass Du heute noch persönlich praktisch magisch arbeitest?

MDE : Ja, aber ich würde das nicht "magisch arbeiten" sondern "magisch leben" nennen.

AHA: In welchen konkreteren Richtungen/Formen?

MDE: Ich gestalte das Neue Aeon - falls es etwas magischeres gibt, kenne ich es nicht ;)

AHA: Das neue Aeon - wozu bedarf es da Thelemiten, kommt es mit Globalisierung, Computer und WWW nicht eh?

MDE: Globalisierung, Computer und WWW sind sozioökonomische und informationstechnische Gegebenheiten, die prinzipiell auch mit anderen Aeonen zusammenpassen können. Das Kennzeichen des Neuen Aeons besteht darin, dass der Mensch sein göttliches Erbe vervollkommnet, d.h. das ewige Leben (Unsterblichkeit) realisiert. In der Bibel erklärt Gott, dass der Mensch ihm durch den Apfel vom Baum der Erkenntnis diesbezüglich gleich geworden sei, ihm zur Göttlichkeit nur noch die Unsterblichkeit fehle - die Jehova dem Menschen aber verweigert. Nun ist die Zeit gekommen, dass der Mensch sich sein göttliches Erbe nimmt. Das ist das Neue Aeon!

Nun ist die Zeit gekommen, dass der Mensch sich sein göttliches Erbe nimmt. Das ist das Neue Aeon!

AHA: In Deinem Kommentar zum Liber Al vel Legis weist Du ja kabbalistisch nach, eine Inkarnation Crowleys zu sein. Wie sieht es mit Deinen konkreten Erinnerungen an diese frühere Existenzform Deiner Person aus?

MDE: Das ist ein, von mir selbst verschuldetes, Missverständnis. Der Artikel im Al-Kommentar, der die kabbalistischen Aspekte meiner Reinkarnation behandelt, sollte eigentlich genau dieses nur sein: eine kabbalistische Untersuchung. Letztlich ist das Wissen um die eigenen Inkarnationen natürlich keine kabbalistische Erkenntnisform, sondern ein Prozess der Erinnerung - Kabbala kann dann jedoch dazu verhelfen, bestimmte Aspekte genauer zu erkennen. Ohne die Voraussetzung persönlicher Inkarnationserfahrungen und -erinnerungen macht der betreffende Kabbala-Artikel keinen Sinn.

Ich gestalte das Neue Aeon - falls es etwas magischeres gibt, kenne ich es nicht ;)

AHA: Welche Techniken bei der Erlangung eines magischen Gedächtnisses kannst Du guten Gewissens empfehlen?

MDE: Was ist ein magisches Gedächtnis?

AHA: Im Vergleich zu den 70igern und 80igern - was hat sich nach Deinem Verständnis entscheidendes in der magisch-okkulten Szene getan?

MDE: Keine Ahnung. Ich habe mich nie für den Szene-Klatsch interessiert. Was mir jedoch auffiel ist, dass man damals viel mehr von allen möglichen magischen Grüppchen hörte als heute.

AHA: Wenn Du so an die 70iger, 80iger zurückdenkst, was vermisst Du heute am meisten?

MDE: Den Szene-Klatsch ;)

II. Von der Abtei zur Ethos Gemeinschaft Thelema

AHA: Die Ethos-Gemeinschaft-Thelema wurde 1993 gegründet. Zuvor gab es einige Veränderungen, der Wechsel von der Berliner Abbey ins wendländische Bergen, einige Leute sprangen ab, Du gingst mehrere Jahre in den Knast. Ist die EGT (d)ein Kind und wie zufrieden bist Du mit dem erreichten Stand?

MDE: Die EGT ist das Kind aller Beteiligten. Einige waren aktiver beteiligt, andere passiver - aber das ist eine Entscheidung, die jeder selber fällt. Ansonsten: Amor fati.

AHA: In der Gründungszeit des "Thelema - Ordens" Mitte der siebziger Jahre über Netzwerk Thelema bis heute zur EGT hat sich ja ein riesiger Erfahrungsschatz angehäuft. Was sind die wichtigsten Erfahrungen in punkto Techniken der Entwicklung, die sich rauskristallisiert haben und gab es ganz konkrete Änderungen im Entwicklungsweg der einzelnen Phasen, neue positive Erkenntnisse?

MDE: Im Laufe des Jahres 1987 war die Kundalini-Technik (mit den Nebenwirkungen magische Kräfte, gefestigter Astralkörper und damit Unsterblichkeit) prinzipiell effektiv einsetzbar. Die gesunde Entwicklung und Freisetzung der Kundalini ist jedoch von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen abhängig. Die immer noch bestehenden Probleme betreffen genau diese kundalinirelevanten Persönlichkeitsmerkmale und die entsprechende Persönlichkeitsentwicklung. Da Menschen keine Roboter, sondern unendlich komplexe Systeme sind, kann es dafür auch kein Schema geben.

AHA: Würdest Du aus heutiger Sicht von Fehlern in der Ausbildung von Adepten sprechen, die inzwischen nicht mehr auftreten?

MDE: Ja, wir sind früher zu schnell vorgegangen, haben primär magische Techniken gelehrt und die Persönlichkeit zu sehr vernachlässigt. Heute bestehen wir auf dem Primat der Persönlichkeitsentwicklung (im Yoga-System: Yama und Nyama) und lehren Entwicklung und Gebrauch der Schlangenkraft nur, wenn die notwendigen Persönlichkeitsmerkmale vorhanden sind.

AHA: Als Du 1998 den Knast vorfristig verlassen konntest, erwarteten Dich ja auch einige ehemalige DDR-Leute, die inzwischen zur EGT gestoßen waren. Hast Du relevante Unterschiede zwischen den Thelemiten aus dem Osten und aus dem Westen ausmachen können?

MDE: Interessante Frage. Im besten Fall haben die Ossis ein kritischeres Verhältnis zu Gesellschaft und Politik und ein differenzierteres Sozialverhalten als Wessis. Im schlechtesten Fall sind Ossis auch nicht besser als Wessis.

Wir sind früher zu schnell vorgegangen, haben primär magische Techniken gelehrt und die Persönlichkeit zu sehr vernachlässigt.

AHA: Du bist Mitglied der Ethos-Gemeinschaft Thelema - es scheint so, als gäbe es für Dich in dieser Inkarnation kein Entrinnen aus dem „Guru-Dasein„- oder ist eine demokratische Variante gefunden?

III. Demokratie & Macht versus Argumentation & Thelema

MDE: Hm, ich kenne diese Art von Frage, aber ich verstehe sie nicht. Demokratie ist eine Form der Herrschaft (Demos + Kratos), Herrschaft basiert auf Macht, denn wie sollte man ohne Macht Menschen dazu bringen zu gehorchen? Macht aber basiert letztlich immer auf Gewalt. Der Soziologe Niklas Luhman nennt Gewalt den symbiotischen Mechanismus der Macht. Drohung mit Gewalt, wie versteckt auch immer, ist in der EGT nicht gegeben, folglich auch keine Herrschaft - nicht mal die der Mitglieder. Das Gegenmodell zu Herrschaft ist „der sanfte Zwang des Arguments" (Habermas) - und so streiten wir miteinander und als Freunde. ... Hm, nicht immer, aber immer öfter.

Demokratie ist Herrschaft. Herrschaft basiert auf Macht, Macht auf Gewalt. In der EGT gibt es keine Gewalt und Herrschaft. Sondern den sanften Zwang des Arguments

AHA: Zum Thema Demokratie, da die EGT immer wieder das Prinzip der Konsensbildung hervorhebt: In früheren Zeiten hat man von Dir und den Leuten um Dich herum hören können, dass Ihr Euch eher als unpolitisch denkt. Ist nun das Training der Konsensbildung tatsächlich etwas anderes als das Training demokratischer Regeln? Liegt hier nicht grundsätzliche Kompatibilität vor, sodass sich das alte apolitische Statement erübrigt?

MDE: Ich glaube nicht, dass ich jemals ernsthaft behauptet habe, wir könnten unpolitisch sein - und ich glaube nicht, dass Demokratie irgend etwas mit Konsens zu tun hat. Demokratie ist die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit, was trotz allem Gerede über Minderheitenschutz eben die Praxis der Demokratie ist. Konsens ist eher ein Konzept des Liberalismus. Wegen der sozialen, ökonomischen und politischen Konsequenzen des Neuen Aeons ist jeder, der das Neue Aeon realisieren will, ein politischer Dissident.

AHA : Was hältst Du übrigens von der Spendenleistung unseres Alt-Bundeskanzlers Kohl, der auf diese Weise, will man Martin Walser Glauben schenken, so den Vatermörder ans Tageslicht befördern wollte?

MDE: Was mich ein wenig abnervt, sind die Versuche, das System Kohl von den politischen Leistungen Kohls zu trennen. Letzteres war nur auf der Basis von Ersterem möglich. Der Rest ist eine Frage politischer Hygiene und - um es freundlich auszudrücken - ziemlich unästhetisch.

Wegen der sozialen, ökonomischen und politischen Konsequenzen des Neuen Aeons ist jeder, der das Neue Aeon realisieren will, ein politischer Dissident.

IV. Persönlichkeitsentwicklung im Liber Legis. Warum Systemtheorie?

AHA: Der Fairniss halber, was sagt MDE zu Gerhard Schröder und zu Oskar Lafontaine?

MDE: Muss man die beiden kennen? Na ja, muss man wohl.

AHA: Doch noch eine Frage zur Politik: Ist der Liberalismus so die Richtung, die Thelema am nächsten kommt?

MDE: Ja, man könnte das vielleicht evolutiven Liberalismus nennen, eine liberale Politik der offenen Zukunft. Leider gibt es in Deutschland keine liberale Partei.

AHA: Zurück zur EGT: Hat sie die Methoden im magischen Bereich im Vergleich zu Deiner eigenen Ausbildung innerhalb einer Gruppe Anfang der 70iger Jahre weiterentwickelt?

MDE: Ja. Das war schon wegen der öffentlicheren Strukturen notwendig.

AHA: Wie ist es: Die EGT hat ja orientierend am Liber Al vel Legis ihren Forschungsansatz zur Befreiung der Kundalini mit den drei Graden „Einsiedler„, „Liebender„ und „Mensch der Erde„ und den vier Wegen umrissen. Welchem Grad und welchem Weg ordnest Du denn Dich nun zu?

MDE: Mensch der Erde mit einem großen Anteil Einsiedler und der Weg des Tantra.

AHA: Homo est Deus - Dein Menschenbild impliziert, dass, wenn das Richtige gelernt wird, Unsterblichkeit möglich ist. Wie sieht die Bilanz der Immortalität in den letzten 20 Jahren für den von Dir überblickbaren Bereich aus?

MDE: Technisch, d.h. Kundalini steigt bei den Übenden auf, 100% Erfolg, Menschlich, d.h. die Wirkungen der Kundalini werden psychisch gemeistert, ca. 33% Erfolg. Deshalb wurde das Beratungssystem, wie ich oben ausführte, geändert. Mit dem neuen System liegen noch keine konkreten Zahlen vor.

AHA: In der letzten Ausgabe unseres Magazins gab es einen Artikel, der einen fuzzy-logischen Ansatz in Bezug auf konsentierbare Erfahrungen mit der Astralebene wählte. Was hältst Du von diesem Ansatz?

MDE: Die Welt ist fuzzisch, deshalb ist dieser Ansatz realitätsnäher als der Ansatz der klassischen Logik.

AHA: Wer Dich näher kennt, weiß von Deiner Hochachtung gegenüber dem Soziologen Niklas Luhmann - was macht ihn so spannend?

MDE: Sein schöpferische, analytische und synthetische Kraft, sein Mut eine universale Theorie zu kreieren, seine Art diese Theorie darzustellen und die darin implizierten Einsichten in die Funktionsweisen sozialer Systeme.

Die Modelle von Kuhlmann, Peirce und Luhmann sind Werkzeuge, Homo est Deus ist die Aufgabe und das Ziel.

V. Kein Crowley-Kult. Keine magischen Sensationen - lies lieber Fantasy

AHA: Stellen Kuhlmann, Peirce und Luhmann für Dich heute das intellektuelle Triumphirat dar, das Crowley überragt, oder kommt gemäß „Homo est Deus„ und „Wahren Willen„ erst MDE, dann lange Zeit nichts und dann der Rest dieser irdischen Welt?

MDE: Die Modelle von Kuhlmann, Peirce und Luhmann sind Werkzeuge, Homo est Deus ist die Aufgabe und das Ziel.

AHA: In früheren Jahren hast Du ja auf Dich aufmerksam gemacht mit Crowley-Bücher Herausgaben - warum passiert in dieser Richtung nichts mehr? Mancher meint, dass es Ansätze eines Crowley-Thelema -Kultes gegeben hat - ist das inzwischen ausgelaufen?

MDE: Alle Crowleyana, die ich unentbehrlich fand, sind übersetzt und veröffentlicht. Der Rest ist einfach eine Frage der verfügbaren Zeit. Bezüglich eines Crowley-Thelema-Kultes begib dich ins WWW und suche nach den Stichworten „Thelema", „Crowley" etc. Dann hast Du die Antwort. Falls Du allerdings einen Kult meinst, der sich um den amtlichen thelemischen Teil meiner Person bilden könnte, dann fürchte ich, dass es diesen nie geben wird: Meine etwas unterkühlt argumentative Art der Gesprächsführung vergrault Fans scharenweise - so soll es sein!

AHA: Mancher unserer Leser erwartet in diesem Interview magisch/spirituelle Storys von Dir aus früheren Zeiten. Hast Du da etwas, woran Du Dich in diesem Sinne gerne erinnerst? (Da war z.B. mal so ein Gerücht im Umlauf, dass Du den Frauen Riesenbusen gezaubert hast - also dem Silicon zuvorgekommen?)

MDE: Da ich nicht weiß, worin für irgendeinen Leser der Unterschied zwischen einer (angeblich wahren) magischen Story von mir und einem (offensichtlich erfundenen) Fantasy-Roman bestehen könnte, empfehle ich das genüssliche Lesen von Tolkiens „Herr der Ringe" in der englischen Ausgabe. Ehrlich, Tolkien schreibt bessere und spannendere Storys als ich es je könnte.

Meine etwas unterkühlt argumentative Art der Gesprächsführung vergrault Fans scharenweise - so soll es sein!

AHA: Auch eine Leserfrage: Was hält MDE von 'Erfolgsmagie' bzw. Magie, die für Ziele wie (mehr) Geld, Gesundheit, Liebe usw. praktiziert wird. Kann man das als "Magier des Neuen Aeons" praktizieren, oder soll man sich damit lieber nicht "die Finger schmutzig machen"?

VI. Erfolgsmagie, Satanismus

MDE: Rufen wir uns in Erinnerung, dass Magie die Veränderung realer Wahrscheinlichkeiten durch psychische Mittel ist. Im einfachsten Fall kann man mit einer differenzierten, leuchtenden und emotional gesättigten Imagination eines zentralen Elementes des gewünschten Ereignisses die Eintretenswahrscheinlichkeit dieses Ereignisses steigern.

Wer dies bedenkt, wird leicht feststellen können, dass die geschilderte Art der Erfolgsmagie eine Frage der Psychohygiene bzw. der spirituellen Ästhetik ist. Um überhaupt auf die Idee zu derartigen Operationen zu kommen, muss man den materiellen Bedürfnissen eine sehr hohe Priorität beimessen und außerdem eine sehr geringe Meinung von den eigenen Fähigkeiten haben. Die materielle Verhaftung wird durch eine magische Operation für solche Ziele mit Sicherheit dramatisch verstärkt, die Chance auf persönliche Entwicklung entsprechend geringer. Handle nach Deinen Begierden sei das ganze Gesetz?

Wie jeder intelligente Pragmatiker bin ich Magier, Immortalist und Neo-Satanist: Ein Mensch, der mehr auf die Kraft des Menschen als auf die Kraft Gottes vertraut.

AHA: Immer wieder mal zu hören: MDE ist Satanist oder Neosatanist und gehört damit in die Ecke der Schwarzmagier. Nun nimmst Du ja auf Deiner Homepage Stellung zu diesem Thema. Nicht jeder AHA-Leser bewegt sich aber schon im Internet. Kannst Du dazu bitte noch mal kurz Stellung nehmen?

MDE: Wie jeder intelligente Pragmatiker bin ich Magier, Immortalist und Neo-Satanist. Ein Neo-Satanist ist in der Definition der katholischen Inquisition (geänderter Name: Kongregation für Glaubensfragen) jeder Mensch, der mehr auf die Kraft des Menschen als auf die Kraft Gottes vertraut.

AHA : Schaut man auf Deine Homepage, bekommt man mit, dass Du Dich stärker dem Thema Computergames/ Simulation zugewendet hast - ist das die Abkehr von Magick oder deren High-Speed-Variante, von der nur Du bisher weißt?

Magick ist kein Beruf, sondern eine Lebenseinstellung

MDE: Hübsche Idee, aber das ist eher eine Frage des Mediums. Ich habe nicht vor Magick in irgendeiner Variante über das Internet zu machen, aber für mein Interesse an Gamedesign (create new worlds) ist das WWW das passende Medium.

Außerdem: Magick ist kein Beruf, sondern eine Lebenseinstellung und eine Frage von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten.

AHA: In einem AHA-Interview, erschienen in der Ausgabe 9/90, hast Du auf die Frage nach Deinen Wünschen für die magische Szene geantwortest, "dass sie lernt, miteinander zu kommunizieren und nicht nur miteinander zu hacken". Und, ist es inzwischen stärker in diese Richtung gegangen? Wie siehst Du Deinen Anteil am vorliegenden Stand?

MDE: Mitte der achtziger Jahre habe ich noch mitgehackt (Hallo Frater V.D.). Danach habe ich mich aus der Szene völlig zurückgezogen. In neuerer Zeit diskutiere ich manchmal in Newsgroups und Mailinglisten mit. Leider geht es dort fast immer nur um Meinungen, Argumente scheinen die meisten für etwas Obszönes zu halten.

Leider geht es dort fast immer nur um Meinungen, Argumente scheinen die meisten für etwas Obszönes zu halten.

VII. Leserfragen. Crowley-Inkarnation, Demokratie und Thelema

AHA: Worin liegen Deiner Meinung nach Chancen, hierbei weiterzukommen?

MDE: Für Thelemiten sollte das ziemlich einfach sein: Studiere das AL, prüfe mittels triftiger Argumente, wer der Prophet des Neuen Aeons ist bzw. wer das Amt gegenwärtig ausübt und handle danach.

AHA: Du bist seit vielen Jahren mit MY liiert. Warum findet sich auf Deiner Hompage kein Hinweis von ihr?

MDE: Das ist ihre Entscheidung, also frage MY.

Da es eine ganze Reihe von Statements und Anfragen für das MDE-Interview seitens unserer Leserschaft gab, haben wir ihm diese natürlich auch mitgeteilt. MDE hat diese gern beantwortet:

AHA: „Die Indizien die MDE angibt, um zu zeigen, dass er das heutige Amt des Tieres trägt, finde ich tatsächlich ziemlich überzeugend, obwohl mir seine schriftstellerische Ambition in Sachen Crowley und da besonders der Kommentar zum Liber AL genauso viel "Beweis" sind, dass er eine Reinkarnation Crowleys sein könnte".

MDE:Ja, da hat er recht. Warum kommen eigentlich nur so wenige Menschen auf so einfache Zusammenhänge?

AHA: ..."daher würde ich gerne wissen, wie es mit seinen Erinnerungen an die Crowley-Inkarnation aussieht, einmal an was er sich erinnert, und auch mit welchen Techniken er an diese Erinnerungen herankommt?"

MDE: Diese Erinnerungen sind etwa so wie normale Erinnerungen die 50 Jahre zurückliegen. Technik? Keine Ahnung. Ich kam aus der Meditation, unterhielt mich mit meiner damaligen Freundin und einem Freund - und plötzlich: Eine Erinnerungsflut und das Wissen um die letzte Inkarnation. Dann Zweifel („jetzt bin ich völlig abgedreht"), Gespräche, gutes Zureden durch die anderen Anwesenden, Forschung, Prüfung etc. endlich Überzeugung.

AHA: In einem Antwortbrief in der AHA an Hellson schrieb MDE sinngemäß, dass für die EGT in der Kommunikation Argumentieren und die unbedingte Suche nach dem Konsens das Non plus ultra im Umgang mit Menschen sei. Ist dann nicht die Demokratie als Staatsform mit von Menschen gemachten Gesetzten nicht doch die beste Form, um einen solchen Umgang allgemein zu verwirklichen?

MDE: In seinem Kommentar zu AL 1/35 sagt MDE sinngemäß, dass Demokratie eine Form ist die keinem höheren Prinzip entspricht, sondern von Menschen gemacht ist. Wenn der Mensch aber dem Liber Al nach der potentielle Gott ist, ist ein höheres Prinzip erkennbar und die humanistische Idee, der ja letztlich die Demokratie zugrunde liegt ist meiner Meinung nach durchaus mit dem AL kompatibel.

Ich denke die Demokratie, so schlecht sie auch funktioniert, ist die einzige Staatsform, die im Sinne des Al entwicklungsfähig ist, in totalitären Systemen wäre das AL schon längst verboten. Daher finde ich, dass es einem Thelemiten durchaus steht, sich für die Demokratie einzusetzen. Denn wer Konsens sucht, muss auch verschiedene Gesetz(mäßigkeiten) akzeptieren und eine von Menschen gemachte Gesellschaft sollte nach allen Erfahrungen so wenig wie möglich per Gesetz eingreifen und nur dazu da sein, "das Schlimmste zu verhindern".

Hier kann sich dann auch für jeden ein persönliches "göttliches Gesetz" verwirklichen lassen und das Gesetz des Liber AL kann sich ungehindert entwickeln. Demokratie lässt theoretisch auch die Konsenbildung zu, wieder ein antikes, göttliches Recht einzuführen, aber welche Instanz überprüft dann den Pharao und seine Minister, ob er er nicht einer Illusion aufsitzt?

VIII. Leserfragen. Demokratie, Liberalismus, spiritueller Berater

In der Demokratie ist der Mensch eine Stimme, er hat nur quantitativen Wert. Für Liberale ist der Wert jedes Menschen unendlich.

AHA: [Frage fehlt im Transkript]

MDE: Ich bin kein unbedingter Anhänger der Demokratie, aber ein überzeugter Liberaler. Liberalismus meint solche Sachen wie Meinungsfreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Pressefreiheit etc. Demokratie meint nur Herrschaft der Mehrheit. Demokratie kann illiberal sein. Das zeigt sich u.a. darin, dass die Freiheitsrechte in der BRD in den letzten Jahrzehnten immer mehr eingeschränkt wurden. In der Demokratie ist der Mensch eine Stimme, er hat nur quantitativen Wert.

Für Liberale ist der Wert jedes Menschen unendlich, jeder Mensch ist eine Qualität die quantitativ nicht zu erfassen ist. Deshalb brauchen Liberale einen Konsens wo Demokraten einfach eine Mehrheitsentscheidung, oft beeinflusst durch Unwissenheit, Demagogie und Manipulation, zulassen.

Weil Demokratie die Menschen auf Quantität reduziert, ist Demokratie an sich unmenschlich, kann jedoch gepaart mit Liberalismus eine humanistische Form annehmen. Liberalität vorausgesetzt, kann ich nicht sehen, warum eine Theokratie oder eine Monarchie notwendig schlechter sein sollten als eine Demokratie. Im Gegenteil würde eine liberale Monarchie vielleicht eher langfristige, z.B. ökologische, Perspektiven umsetzen als die Vier-Jahres-nach-mir-die-Sintflut-Regierungen der westlichen Demokratien.

AHA: „Wie warst du in der Schule, was waren Deine Lieblingsfächer?

MDE: Die Schule war für mich so eine Art Zwangsveranstaltung, aber ab etwa der 7. Klasse entwickelte ich Interesse an Mathematik.

AHA: Welches Deiner Bücher ist Dir heute noch besonders wichtig?

MDE: Meine Bibliothek umfaßt etwa 10.000 Bücher. Davon auch nur die wichtigsten aufzuzählen, würde den Rahmen der AHA sprengen. Eine Buchempfehlung wäre Harold Bloom, Omens of Millennium, The Gnosis of Angels, Dreams and Resurrection.

AHA: Man hört immer mal Gerüchte, dass irgendwer irgendwas zurückhält und dann, wenn MDE aus dem Knast kommt , die Sachen rauspackt um sein Einfahren (in den Knast) zu befördern. Dazu soll er mal was sagen. Was mich auch interessiert: Was fällt MDE zu dem Namen Markus Jungkurth ein?

MDE: Ich werde keine Auskunft zu irgendwelchen Namen geben sofern nicht ein berechtigtes Interesse an diesbezüglichen Informationen nachgewiesen werden kann.

AHA: Macht das Spaß, Guru zu sein?

MDE: It depends. Ein Guru war ursprünglich ein Erleuchteter - was immer das auch heißen mag - der seine Chelas zu eben diesem Zustand der Erleuchtung führen sollte. Dieses Lehrer-Schüler Verhältnis war recht streng und forderte vom Schüler weitgehenden Gehorsam. Ich verstehe mich eigentlich nicht als Guru, sondern eher als so eine Art spirituellen Berater. Wenn diese Beratung erfolgreich ist und die Beratenen sich entwickeln, macht der Job Spaß!

AHA: Macht einem da niemand den Rang streitig?

MDE: Das würde mich nicht besonders stören, wer es besser kann, soll es tun. Ich habe genügend andere Interessen, um ein interessantes Leben führen zu können.

Das erinnert mich an die 68er APO. Wir wollten damals die ganze Welt verändern, aber vergaßen, dass die Welt immer den Menschen entspricht die sie machen.

AHA: Warum lebt er so rückgezogen hier in diesem Dorf, wenn´s doch um soetwas wie eine neue Welt geht, muss er da nicht ein bisschen aktiver ins Rampenlicht treten?

MDE: Das erinnert mich an die 68er APO. Wir wollten damals die ganze Welt verändern, aber vergaßen, dass die Welt immer den Menschen entspricht, die sie machen. Die Entwicklung der Menschen des Neuen Aeons benötigt erst einmal eine gewisse Distanz zur Welt des Alten Aeons. Langfristig muss der Prozess allerdings interdependent werden und wir müssen offensiver agieren.

AHA: Herzlichen Dank für dieses Interview und die Beantwortung der Fragen. Es wird uns eine Freude sein, wieder an Dich heranzutreten.

MDE: Nichts zu danken, gern geschehen.

Die Fragen für "AHA" stellte Steffen Siegert. Zuerst veröffentlicht in AHA - Magazin des Neuen Äons Nr. 3/ 2000, Ausgabe Juni/ Juli.